Der Ödipuskomplex

Der Ödipuskomplex (Blogbild Homepage)

Der Begriff Ödipuskomplex oder Ödipuskonflikt sagt den meisten etwas und auch was sich so ungefähr dahinter verbirgt, ist vielen klar. Es geht um die Rivalisierung des gleichgeschlechtlichen Elternteils im Kindesalter. Doch um dieses Phänomen ranken sich auch heute noch einige Fragen: Was macht den Ödipuskomplex im Detail aus, wer prägte einst diesen Begriff und ist er überhaupt noch zeitgemäß?

Was genau ist der Ödipuskomplex?

Der Begriff Ödipuskomplex wurde von Sigmund Freud geprägt und bezeichnet einen Teil des Modells der psychosexuellen Entwicklungsphasen, in der das Kind einen Elternteil umwirbt und mit dem anderen rivalisiert. In der Regel tritt diese Phase, die sich ödipale-“ oder „phallische Phase“ nennt, im vierten bis fünften Lebensjahr auf und dient der Festigung der Geschlechterrollen und zur Findung der geschlechtsspezifischen Identität. Die Bezeichnung Ödipuskomplex lehnt sich an eine Gestalt aus der griechischen Mythologie mit dem Namen Ödipus an. Dieser tötete seinen Vater, um dann seine Mutter zu heiraten. Laut Sigmund Freud begehrt der heranwachsende Junge seine Mutter und fürchtet seinen Vater als übermächtigen Konkurrenten. Das führt zu Konflikten zwischen Vater und Sohn und zu einem hohen Bedürfnis nach Zuneigung durch die Mutter. Beendet wird der Konflikt, indem sich der Junge allmählich von der Mutter abwendet und sich mehr und mehr mit dem Vater identifiziert. Dabei übernimmt er das vorgelebte, männliche Rollenbild. Das Synonym dazu in weiblicher Ausführung nennt sich Elektra-Komplex und wurde von Carl Gustav Jung geprägt. Hier rivalisiert die Tochter mit der Mutter und fühlt sich zum Vater hingezogen.

Die Konstellationen des Ödipuskomplexes

Es gibt drei verschiedene Arten beziehungsweise Konstellationen des Ödipuskomplexes.

  1. Der positive Ödipuskomplex: Das Kind wirbt um die Zuneigung des gegengeschlechtlichen Elternteils und rivalisiert mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil.
  2. Der negative Ödipuskomplex: Das Kind wirbt um die Zuneigung des gleichgeschlechtlichen Elternteils und rivalisiert mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil.
  3. Der vollständige Ödipuskomplex: Sind der positive und der negative Ödipuskomplex durchlaufen, kann sich der Konflikt auflösen.

So ist der Ödipuskomplex eigentlich eine Zusammensetzung aus dem positiven Ödipuskomplex – Junge will Mutter für sich haben und Vater loswerden – und dem negativen Ödipuskomplex – Junge will Vater für sich haben und Mutter loswerden. Die Bezeichnung „loswerden“ klingt dabei etwas harsch, doch tatsächlich wird sogar davon gesprochen, dass das Kind den rivalisierten Elternteil töten möchte. Auch das Begehren des anderen Elternteils gibt es in extremeren Versionen, welche die Heiratsabsichten des Kindes beschreiben. (Junge will seine Mutter heiraten).

Die Auflösung des Ödipuskomplexes

Der günstigste Fall ist, dass das Kind von selbst aufhört, den Vater als Konkurrenten zu betrachten und das Begehren der Mutter gegenüber beendet. Nach Freud ist es das Ziel, dass der Junge seinen Vater als Vorbild sieht und versucht, sich mit ihm zu identifizieren. Kann die ödipale Phase nicht überwunden werden, sah Freud darin die Ursache für das Auftreten von Perversionen und Neurosen. Funktioniert die Identifizierung mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil nicht, wird aus dem Ödipuskomplex ein Ödipuskonflikt.

Ist der Ödipuskomplex heute noch aktuell?

Der Ödipuskomplex gilt heute als umstritten. Das liegt zum Beispiel daran, dass Freud seine Entwicklungstheorie zu sexualisiert beschrieben hat. Andere Aspekte müssen hier genauso Beachtung finden. Dennoch gilt die Mutter-Sohn-Beziehung in der Psychologie immer noch als entscheidender Faktor. So hat sie einen elementaren Einfluss auf das spätere Beziehungsleben. Für Eltern ist es wichtig zu wissen, dass sie eine besondere Rolle für das andersgeschlechtliche Kind einnehmen. Die besondere Anziehungskraft hat in der psychosozialen Entwicklung des Kindes eine große Bedeutung. Ist die Mutter für den Sohn gerade der absolute Star, sollte der Vater nicht verzweifeln und trotzdem Zeit mit dem Sohn verbringen und den Familienzusammenhalt stärken. Die Identifikation mit der eigenen Geschlechterrolle ist ein sehr wichtiger Prozess. Sollte die Fixierung zum Dauerzustand werden, kann es das Kind später schwer haben, eine gesunde Beziehung aufzubauen.