Psychologische Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler – ein Überblick

Es gibt eine ganze Reihe von Wahrnehmungsfehlern, die entweder bei uns selbst wirken oder auch in der Beurteilung anderer. Im privaten, aber auch im beruflichen Bereich können solche Verzerrungen in der Wahrnehmung problematisch sein, weil sie es uns sehr schwer machen, objektive Entscheidungen zu treffen. Die meisten Menschen würden wahrscheinlich von sich behaupten, dass sie in der Lage sind, bei Einschätzungen und Urteilen objektiv bleiben zu können. Doch tatsächlich ist das gar nicht so leicht, da unser Einschätzungsvermögen störanfällig ist. Wer allerdings die klassischen Wahrnehmungsfehler kennt, kann seine persönlichen Wertungen überprüfen, bevor er sie kommuniziert. Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Wahrnehmungsfehler.

Der Halo-Effekt / Heiligenschein-Effekt

Bei diesem Effekt werden der Charakter und das Gesamtbild eines Menschen von einzelnen als positiv oder negativ wahrgenommenen Merkmalen überstrahlt. Diese schweben wie ein Heiligenschein über der Person und beeinflussen alle folgenden Schlussfolgerungen. So wird einer sehr attraktiven Person automatisch Intelligenz und Fleiß zugeschrieben, während zurückhaltenden Mensch eher weniger Intelligenz und soziale Inkompetenz unterstellt wird. Im Grunde genommen, suchen wir uns eine herausstechende Eigenschaft heraus und diese prägt das gesamte Urteil über den Menschen, obwohl wir seine weiteren Charakterzüge gar nicht kennen.

Der Primacy-Effekt

Dieser Wahrnehmungsfehler beschreibt die Macht des ersten Eindrucks. Oftmals ist dieser das einzige Kriterium zur Beurteilung eines Menschen. Nehmen wir an, eine Person hat einen schlechten Tag und Sie lernen sie genau an diesem Tag kennen. Die Person ist schlecht gelaunt und erscheint Ihnen mürrisch, kurz angebunden und zickig. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Sie die Person nicht sonderlich sympathisch finden. In Wahrheit ist sie aber total nett und liebenswert, ihr weniger nettes Verhalten war nur dem schlechten Tag geschuldet. Es wird sehr schwer werden, die Person dann beim zweiten Treffen in einem anderen Licht zu sehen. Der erste Eindruck hat sich eingebrannt.

Der Ähnlichkeits- und Kontrastfehler

Beim Ähnlichkeitsfehler werden die Persönlichkeitseigenschaften bei anderen besonders stark wahrgenommen, welche einem an sich selbst vertraut sind. Der Kontrastfehler hingegen beschreibt, dass Charaktereigenschaften übermäßig stark wahrgenommen werden, welche man bei sich selbst vermisst. Die Grundlage für beide Wahrnehmungsfehler sind Vergleiche, die wir fast immer automatisch durchführen. So können Sie eine andere Person als übertrieben spontan und flexibel wahrnehmen. Dabei ist das gar nicht der Fall, aber diese Eigenschaft fehlt Ihnen persönlich und so ist der Kontrast zu Ihnen einfach sehr hoch.

Die Projektion

Auch dieser Wahrnehmungsfehler beruht auf Vergleichen. Was Sie selbst an sich nicht mögen, fällt Ihnen anderen besonders stark auf. Dadurch können Abneigungen gegen die Eigenschaft anderer Menschen oder gar gegen die Person an sich auftreten. Klar, denn Sie sehen Ihre Fehler und Ihre Unzulänglichkeiten in der anderen Person. Darauf werden Sie wahrscheinlich etwas empfindlich reagieren.

Der Sympathieeffekt

Menschen, die wir sympathisch finden, bewerten wir automatisch positiver. Das klingt erst mal logisch, doch kann auch zu einem Problem werden, etwa in einer Bewerbungssituation. Findet der Chef den Bewerber sympathisch, kann es passieren, dass er ihm eher den Job gibt, als jemanden, den er nicht so sympathisch findet. Die Qualifikationen der beiden Bewerber hat er sich allerdings gar nicht richtig angesehen. Dabei wäre der "unsympathische" Bewerber wesentlich besser für die Stelle geeignet gewesen.

Der Logikfehler

Hiermit ist das Wenn-Dann-Schema unseres Denkens gemeint. Wenn eine Person das ist, dann ist sie auch das. Dieser Wahrnehmungsfehler basiert auf den Lernerfahrungen und Wissensstrukturen, die wir automatisch zu einer Personenbeurteilung heranziehen. Prinzipiell ist der Logikfehler nichts weiter, als ein Vorurteil:

  • Jemand, der schlank ist, ist auch sportlich und aktiv.
  • Wenn eine Person übergewichtig ist, dann ist sie auch faul und träge.
  • Wer fleißig ist, ist auch erfolgreich.
  • Ein zurückhaltender Mensch, ist auch ängstlich und kann sich nicht durchsetzen.

Fazit zu Wahrnehmungsfehlern

Wir alle unterliegen diesen Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehlern. Unser Gehirn versucht alle Reize zu ordnen und zu kategorisieren, so kommt es schnell vor, dass wir Menschen in Schubladen stecken. Eine hilfreiche und wahrscheinlich auch die einzige Gegenmaßnahme ist, sich selbst zu hinterfragen, wenn man andere Menschen beurteilt.