Sinneswahrnehmungen in anderen Bewusstseinszuständen

Von Geburt an lernen wir Sinneswahrnehmungen, wie hören oder sehen, mit unserem Wachbewusstsein zu assoziieren. Wenn Sie sich selbst einmal die Frage stellen »Höre ich etwas, wenn ich schlafe?«, wird ihr analytisch-rationaler Verstand dies wahrscheinlich verneinen. Denn jeder hat in seinem Leben bestimmt schon die Erfahrung gemacht, dass er jemanden, der geschlafen hat, z.b. gerufen hat und derjenige nicht reagierte. Gelernt haben wir, dass die Person nicht reagierte, weil sie nichts gehört hat; weil man im Schlaf eben nichts hört.

Beispiel Sporthypnose

Lassen Sie mich von einem Erlebnis erzählen, welches ich bei einer Hypnosesitzung im Rahmen der Sportpsychologie hatte. Der Klient kam zu mir, weil er sich für die Deutschen Meisterschaften in seiner Sportart, genau genommen in zwei Disziplinen, vorbereiten wollte. Der Therapieplan sah u.a. vor, dass wir zunächst nacheinander gezielt auf die Besonderheiten der jeweiligen Disziplin eingehen. Ich wählte also eine für den Klienten passende Methode der Hypnoseeinleitung. Während dieser Induktion sank er in einen so tiefen Trancezustand, dass er meine Worte bewusst nicht mehr wahrgenommen hat (Anm.: Der Klient berichtete dies bei der Nachbesprechung.). Mit den Worten des Verstandes könnte man sagen, dass er mich, ab einem bestimmten Zeitpunkt, nicht mehr gehört bzw. verstanden hat. Der Klient hat also auch meine Worte zu der Disziplin, um die es nach der Induktion nun ging, nicht bewusst wahrgenommen, obwohl ich diese eben mehrfach direkt angesprochen hatte. Gleiches galt für alle Suggestionen, bis zum Zeitpunkt der ersten Progression für diese Disziplin. Hier sollte der Klient mir nun Bescheid sagen, wenn er sich detailliert vorgestellt hat, wie er am Tag der Deutschen Meisterschaften, diese Disziplin absolviert und am Ende auf dem Stadiondisplay seinen Namen auf Platz 1, sowie die dazugehörige Zeit, sieht. Da keine Rückmeldung kam, streute ich nach einiger Zeit den Satz ein »… nimm wahr, wie sich die Anstrengung des Wettkampfs in Erleichterung und Freude wandelt … und schau auf das Stadiondisplay … wo Dein Name auf Platz 1 steht … und sag mir, welche Zeit hinter Deinem Namen steht.« Nach ein paar Sekunden änderte sich der Atemzyklus und der Klient sagte „seine“ Zeit.

Das Interessante bzw. Überraschende für den Klienten war hierbei, dass diese Zeit plötzlich vor seinem geistigen Auge erschien und perfekt zu der Disziplin passt(e), obwohl er gar nicht „wusste“, um welche Disziplin es sich handelt, weil er ja, wie oben erwähnt, diese Information gar nicht bewusst wahrgenommen (gehört / verstanden) hatte. Zu diesem Zeitpunkt, so erzählte er in der Nachbesprechung, hat er von der Zeit, die plötzlich erschien, auf die Disziplin geschlossen. Würde man der Logik des Verstandes folgen, dürfte dieses Szenario nicht existieren, weil die Bedingung, nämlich das Wissen um die Disziplin, eine Voraussetzung sein müsste.

Was sagt uns dieses Erlebnis nun? Was können wir daraus lernen?

Nun, wir können feststellen, dass wir auch Dinge hören können, wenn wir uns in einem anderen Bewusstseinszustand befinden. Dies wiederum lässt den Schluss zu, dass auch andere Sinneswahrnehmungen und -verarbeitungen unabhängig vom Bewusstseinszustand möglich sind. Dieses Wissen ermöglicht die Sensibilität, seinen Mitmenschen in einer völlig anderen Form zu begegnen, bspw. auch in Krankenhäusern. Der narkotisierte Patient im OP kann zwar nicht antworten, aber er hört und verarbeitet eben alles, ….. denn wie wir erkannt haben, ist das Hören nicht vom Bewusstseinszustand abhängig.