Emotionales Essen – wenn Gefühle mit Nahrung betäubt werden

Nach dem Streit mit der Mutter zur Tafel Schokolade greifen, bei Stress ständig nur am Essen sein oder nach der Trennung mit einer Schüssel Eiscreme weinend im Bett liegen. Klingt alles sehr nach Klischee, ist aber ein weit verbreitetes Phänomen. Viele Menschen kompensieren ihre negativen Gefühle mit Essen, im Fachjargon nennt sich das emotionales Essen. Auf lange Hinsicht kann dies zu ungesunden Mustern und gesundheitlichen Problemen führen. Doch warum isst man, obwohl man keinen Hunger hat? Lassen sich negative Emotionen tatsächlich mit Essen kompensieren? Und wie kommt man wieder raus aus dem Teufelskreis?

Normales Essen versus emotionales Essen

In der Regel essen wir, wenn wir Hunger und Appetit haben, der Körper also nach Essen verlangt. Emotionales Essen findet aber aus anderen Gründen statt, etwa aufgrund von Stress, Langeweile oder anderen unangenehmen Gefühlszuständen. Neben dem können auch angenehme Emotionen wie Stolz, Freude oder Zufriedenheit zu emotionalem Essen führen, etwa um sich zu belohnen. Leider greifen Betroffene aber nicht zu gesunden Lebensmitteln, sondern meist zu Fertigprodukten, Snacks und Co. Es geht darum, dass die Nahrung schnell verfügbar ist und nicht erst aufwendig zubereitet werden muss. Kurzfristig führt emotionales Essen zu einem erleichternden und hilfreichen Gefühl. Langfristig sind die Konsequenzen allerdings negativ, da wir uns nicht mehr mit unseren unangenehmen Gefühlen auseinandersetzen und verlernen, diese anders bewältigen zu können. So ist das emotionale Essen als Bewältigungsmechanismus für den Umgang mit unangenehmen Emotionen nicht dauerhaft geeignet.

Die Ursachen von emotionalem Essen

Leider gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse, warum manche Menschen zu emotionalen Essern werden und andere nicht. Es ist nicht bekannt, welche seelischen Ursachen genau dahinterstecken. Der Auslöser sind unangenehme Emotionen, vor allem Stress. Während es andere leichter schaffen, einen gesunden Umgang damit zu finden, fällt das manchen sehr schwer. Auch unverarbeitete Traumata können eine Ursache sein. Hier ist es nicht unüblich, dass der Schmerz und die negativen Gefühle in Wellen kommen und den Betroffenen regelrecht überschwemmen. Emotionales Essen kann hier eine kurzfristige Bewältigungsmöglichkeit darstellen, um diese Gefühle für eine kurze Zeit zu unterdrücken. Diäten könnten das emotionale Essen ebenfalls begünstigen, da sie zum einen dazu führen, dass man sich ständig mit dem Thema Essen beschäftigt und zum anderen häufig mit Stress und Frustration einhergehen. Der Unterschied zwischen dem übermäßigen Essen aufgrund des Jo-Jo-Effekts und aus emotionalem Druck ist nicht allzu groß.

Emotionales Essen überwinden

Wenn Sie ein Betroffener/ eine Betroffene sind, ist es zunächst wichtig, dass sie sich ihr Problem eingestehen. Viel zu oft wird emotionales Essen normalisiert und als »einfaches« Frustessen oder Stressessen abgetan. Doch das Ganze ist meist viel komplexer. In jedem Fall reicht es nicht, die ungesunden, hochkalorischen Lebensmittel einfach durch gesunde zu ersetzen. Das würde die gesundheitlichen Folgen für den Körper zwar minimieren, aber nicht die problematische Relation von Essen und Emotionen. Zudem ist die Gefahr sehr hoch, dann doch wieder zu ungesunden Lebensmitteln zu greifen. Diese aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn stärker und werden daher automatisch präferiert. Viel wichtiger ist es, bei den eigentlichen Ursachen anzusetzen. Auch wenn es nicht schön ist, negative Emotionen wahrzunehmen, ist es nicht sinnvoll, diese immer zu unterdrücken. Stattdessen können Sie einfach mal versuchen, Ihre Traurigkeit, Ihre Wut oder Ihren Ärger bewusst wahrzunehmen. Kein Gefühl bleibt ewig, es wird vorübergehen, auch ohne Essen. Zudem können Sie sich direkt beim Gang zum Kühlschrank oder beim Griff in die Chipstüte fragen, warum sie dies jetzt gerade tun. Was ist der Grund und was können Sie alternativ durchführen, um sich besser zu fühlen? Nur so lässt sich langfristig wieder eine gesündere Beziehung zum Thema Essen herstellen. Wenn Sie eher zu den Stressessern gehören, dann müssen Sie direkt an der Stressquelle ansetzen. Nur dort lässt sich der Stress bekämpfen, das Essen ist auch hier nur eine kurzfristige Lösung.