Partnerschaft und Liebe ohne Sexualität – funktioniert das?
Wenn wir hören, dass es Paare gibt, die ohne Sex glücklich zusammenleben, bringt das viele ins Grübeln. Eine Beziehung ohne körperliche Liebe? Ist das dann wirklich eine Liebesbeziehung oder nicht doch nur eine Freundschaft? Es mag vermessen sein, einem Paar, das sich als solches definiert, den Paarstatus abzusprechen. Doch für die meisten gehört ein erfülltes Sexleben zu einer Beziehung unbedingt dazu. Doch kann eine Partnerschaft ohne Sex nicht auch funktionieren? Wir gehen der Frage psychologisch auf den Grund.
Gar kein Sex und wenig Sex sind ein Unterschied
Es gibt diverse Statistiken, die uns sagen, wie oft die Menschen in Deutschland durchschnittlich Sex haben. Diese können Sie allerdings getrost ignorieren, denn solche Statistiken sagen nicht wirklich viel aus. Zum einen muss es Sie persönlich nicht interessieren und gleich gar nicht unter Druck setzen, wie andere Menschen ihr Sexualleben gestalten. Hinzukommt, dass viele Menschen bei den Befragungen nach der wöchentlichen Sexhäufigkeit nicht die Wahrheit sagen. Stattdessen antworten sie so, wie es nach ihrem Anschein von ihnen erwartet wird. Dieses Phänomen nennt sich soziale Erwünschtheit. Außerdem ist die Häufigkeit nicht das entscheidende Kriterium. Es kann sein, dass ein Paar jeden Tag Sex hat, damit aber nicht zufrieden ist. Ein anderes Paar hat vielleicht nur einmal die Woche Geschlechtsverkehr, der aber erfüllend ist und beide glücklich macht. Ebenso gibt es Paare, die gar keinen Sex haben, wofür es die unterschiedlichsten Gründe geben kann. So viel schon mal vorweg: Soweit beide mit diesem Beziehungsmodell zufrieden sind, ist eine Beziehung ohne Sex selbstverständlich eine Beziehung.
Jedes Paar definiert seine Beziehung selbst
Wer sind wir, dass wir anderen Menschen absprechen dürfen, dass sie sich lieben? Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und daran ist nie etwas falsch! Sind beide mit einer Beziehung ohne Sex zufrieden, ist das vollkommen in Ordnung. Erfüllung lässt sich nicht nur in der Sexualität finden, sondern in vielen anderen Dingen. Manche Menschen haben einfach weniger Verlangen oder befinden sich in einer Lebensphase, in der Sex gerade kein Thema ist. Kein Bedürfnis nach Sexualität zu haben, ist nicht unnormal oder gar krank. Meistens bedeutet es einfach nur, dass das Bedürfnis nach etwas anderem stärker ist. Nähe und Verbundenheit zum Partner lässt sich nicht nur durch Sex herstellen. Was ist zum Beispiel mit Kuscheln, Küssen oder einander berühren? Alles immer auf Sex zu reduzieren, ist leider sehr typisch. Vor allem aber ist guter Sex noch lange kein Garant dafür, dass ein Paar glücklich ist. Ebenso wenig ist kein Sex ein Beweis dafür, dass etwas in der Beziehung nicht stimmt. Voraussetzung ist natürlich, dass beide Partner gleich empfinden. Möchte der eine Sex und der andere nicht, wird es schwierig.
Eine Beziehung ohne Sex hat unterschiedlichste Ursachen
Manche Menschen sind asexuell, das heißt, sie verspüren kein Verlangen nach Sex. Bei ihnen gibt es schlichtweg kein Bedürfnis nach Sexualität, weshalb sie logischerweise auch keinen Sex haben. Natürlich können auch asexuelle Menschen eine glückliche Beziehung führen. Körperliche Ursachen sind ebenfalls eine Ursache für sexuelle Unlust. So spielen die Hormone eine entscheidende Rolle, wenn es um Lust oder eben auch Unlust geht. Eine Schwangerschaft, die Wechseljahre oder verschiedene Erkrankungen ebenso wie Medikamente können sich auf das Lustempfinden auswirken. Auch psychische Ursachen wie Stress, Probleme in der Partnerschaft oder ein niedriges Selbstwertgefühl sind mögliche Auslöser. Manche Menschen haben auch Angst vor Sex, etwa vor der damit verbunden Nähe, vor eventuellen Schmerzen oder aufgrund traumatischer Erfahrungen. Da Angst ein starker Gegenspieler zur sexuellen Erregung ist, kann Sexualität meist nicht wie gewünscht stattfinden. Die Gründe, warum ein Paar keinen Sex (mehr) hat, sind enorm vielfältig. Auf keinen Fall lässt sich dadurch aber infrage stellen, ob zwei Menschen als Liebespaar zusammenleben oder nicht. Das kann einzig und allein das Paar für sich selbst entscheiden und definieren.