Selbstmitleid – ein gutes oder schlechtes Gefühl?

Es ist eine normale, menschliche Emotion und wird trotzdem oft als ambivalent betrachtet. Die Rede ist von Selbstmitleid. Manche prangern es als destruktives Gefühl an und assoziieren es mit Schwäche oder sprechen sogar davon, dass Selbstmitleid die Seele vergiftet. Andere wiederum sehen es als ein notwendiges Ventil für emotionale Entladung. In jedem Fall ist klar, dass Selbstmitleid ganz verschiedene Facetten hat, die wir in diesem Artikel erkunden möchten.

Was ist Selbstmitleid?

Wahrscheinlich ist die Definition von dem Begriff „Selbstmitleid“ ziemlich klar. Er setzt sich aus „Selbst“ und „Mitleid“ zusammen. Wenn wir also Selbstmitleid verspüren, haben wir Mitleid mit uns selbst. Dabei nehmen wir unsere eigene Traurigkeit, unseren Schmerz und unsere Probleme wahr und treten diesen mitfühlend entgegen. Mitleid mit anderen Menschen und Selbstmitleid unterscheiden sich nicht wirklich, nur dass der Adressat jeweils ein anderer ist.

Selbstmitleid und Empathie – wichtige Abgrenzung

Es ist wichtig, zwischen Selbstmitleid und Empathie zu unterscheiden. Während Selbstmitleid oft als egozentrisch betrachtet wird und sich nur auf die eigene Person fokussiert, ist Empathie die Fähigkeit, sich in die Gefühle anderer einzufühlen. Ein gesundes Maß an Empathie kann dazu beitragen, neben Mitgefühl für andere auch Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln. Interessant ist, dass Mitgefühl für andere Menschen prinzipiell als etwas Gutes angesehen wird, während Selbstmitgefühl eher als egoistisch und negativ betrachtet wird.

Ist Selbstmitleid etwas Schlechtes?

Nein, definitiv nicht. Es kann zwar einen destruktiven Charakter mitbringen, ist aber an sich sogar etwas Gutes. Selbstmitleid ist ein Ventil, um emotionale Belastungen auszudrücken. Das kann in Momenten der Traurigkeit, der Wut, des Scheiterns oder bei einem Verlust sehr hilfreich sein. So kann Selbstmitleid den inneren Druck mindern und uns bei der Verarbeitung unserer Gefühle unterstützen. Vor allem aber bedeutet es, dass wir unsere Emotionen achtsam wahrnehmen und ihnen nicht einfach aus dem Weg gehen. Selbstmitleid ist demnach ein notwendiger Bestandteil des menschlichen emotionalen Spektrums.

Wie bereits angedeutet, gibt es aber auch eine destruktive Seite von Selbstmitleid. So kann es Menschen in eine Art Opfermentalität führen, bei der sie die Verantwortung für ihre Situation auf äußere Umstände oder andere Menschen schieben, anstatt selbst aktiv nach Lösungen zu suchen. Das führt dazu, dass Selbstmitleid die persönliche Entwicklung behindern und den Blick auf Möglichkeiten zur Selbstverbesserung trüben kann.

Wie kann man sein Selbstmitleid überwinden?

Auch wenn Selbstmitleid per se nichts Negatives ist, kann es Situationen geben, in denen es hilfreich ist, nach Auswegen zu suchen. Es besteht häufig die Gefahr, im Selbstmitleid zu versinken, was natürlich nicht gut ist. In diesem Fall sollten Sie sich aktiv aus der Emotion und aus der Situation hinausbegeben. Stattdessen können Sie sich bewusst mit anderen, schönen Themen beschäftigen und eine Weile nicht an das denken, was Sie belastet. Damit sorgen Sie dafür, dass es Ihnen besser geht und Sie Abstand gewinnen. Vielleicht gelingt es Ihnen dadurch sogar, eine andere Sicht auf die Dinge zu gewinnen.

Es kann auch helfen, ein alternatives Gefühl in Betrachtung zu ziehen. So gilt Selbstmitgefühl als gesündere Alternative zu Selbstmitleid. Selbstmitgefühl bedeutet, sich selbst in schwierigen Zeiten mit Freundlichkeit und Verständnis zu begegnen, anstatt sich "nur" zu bemitleiden. Die Forschung hat gezeigt, dass Selbstmitgefühl mit einem verbesserten psychischen Wohlbefinden, einer höheren emotionalen Stabilität und einer größeren Fähigkeit zur Resilienz in Zeiten der Krise verbunden ist.

Fazit

Selbstmitleid ist ein komplexes Gefühl, das verschieden bewertet wird. Während es als Ventil für Emotionen dienen kann, besteht die Gefahr, dass es in eine destruktive Opfermentalität übergeht. Das ist für das eigene Leben nicht förderlich, doch es gibt Alternativen. Statt das Selbstmitleid immer weiter zu füttern, können Sie auch Selbstmitgefühl und Empathie fördern. Beides ist eine gute Alternative, mit Schwierigkeiten umzugehen. Am Ende muss aber die individuelle Situation und die Kontextualisierung des Gefühls berücksichtigt werden, um zu verstehen, ob Selbstmitleid in einer bestimmten Situation förderlich oder hinderlich ist.